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Blackbox Palantir

22. Juli 2025, 17:49 Uhr, kerstin

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte hat heute mit Unterstützung des Chaos Computer Clubs Verfassungsbeschwerde gegen die automatisierte polizeiliche Datenanalyse in Bayern erhoben.

Das bayerische Polizeiaufgabengesetz (BayPAG) erlaubt der Polizei sogenanntes „Data Mining“. Dabei werden mit der Überwachungssoftware Gotham des US-Konzerns Palantir riesige Datenmengen, etwa aus Polizeidatenbanken und Fallbearbeitungssystemen, ausgewertet und Verbindungen hergestellt – auch zu zahlreichen Personen, die in keinem Zusammenhang mit Straftaten stehen. Diese weitreichende Zusammenführung in einer Art Super-Datenbank und die automatisierte Massenauswertung von personenbezogenen Daten verletzt Grundrechte: die informationelle Selbstbestimmung und das Fernmeldegeheimnis.

Das Ziel der Verfassungsbeschwerde der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) sind klarere Grenzen für den Einsatz von Data-Mining-Software, die Daten über Menschen heimlich auswertet. Nach der aktuellen bayerischen Regelung darf die Polizei die Software nicht nur bei besonders schweren Straftaten benutzen, sondern auch bevor eine Gefahr überhaupt besteht. Eine wirksame Kontrolle gibt es nicht. Auch ein Schutz vor Fehlern der Software und vor Diskriminierung ist nicht gewährleistet.

Die Polizei in Bayern ist ohnehin nur Nutzer und hat keinen maßgeblichen Einfluss auf die Innereien der Software des Privatgeheimdienstes Palantir. Das gilt auch in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Hessen, die ebenfalls Palantir-Kunden sind. Ob über den US-Konzern Daten in die Vereinigten Staaten abfließen könnten, ist ungeklärt und auch eine Frage der dortigen gesetzlichen Bestimmungen.

„Die Palantir-Rasterfahndung erfasst eine enorme Menge von Menschen. Zuvor getrennte Daten werden miteinander verknüpft, die für sehr unterschiedliche Zwecke vorgesehen waren. Schon allein deshalb darf die automatisierte Massenanalyse nicht zum Polizeialltag werden. Aber die zusammengeführten Daten landen auch noch in einer absichtlich undurchschaubaren Software des US-Konzerns Palantir, von der sich die Polizei auf Jahre abhängig macht. Das sind klare Ausschlusskriterien für diese Daten aus dem Innenleben der Polizei“, sagte Constanze Kurz, Sprecherin des Chaos Computer Clubs (CCC).

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Jahr 2023 nach Verfassungsbeschwerden der GFF enge Grenzen für automatisierte Datenanalysen durch die Polizei gezogen und damit die massenhafte Überwachung durch die nicht unabhängig technisch nachvollziehbare Software von Palantir bei der Polizei in Hessen und Hamburg verhindert. Diese Grenzen hat der bayerische Gesetzgeber nicht eingehalten.

Bayerns Polizei setzte die Palantir-Überwachungssoftware mindestens ein Jahr lang ganz ohne gesetzliche Grundlage ein – bis zur Intervention des Landesdatenschutzbeauftragten.

Eine weitere Verfassungsbeschwerde der GFF gegen das Polizeigesetz in Nordrhein-Westfalen ist bereits anhängig. Aktuell wird die Nutzung der Palantir-Software auch für die Polizei auf Bundesebene und in den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg diskutiert. Wegen Bayerns Ausschreibung im Rahmen eines Bund-Länder-Vorhabens könnten Polizeien des Bundes und der Länder ohne ein neuerliches Vergabeverfahren darauf zurückgreifen.

Appell und Petition gegen Palantir

Ein Appell von Campact mit Petition richtet sich seit heute gegen die Nutzung von Palantir: Keine Trump-Software für die Polizei!

Der CCC unterstützt den Appell. Hier der Wortlaut:

Geht es nach dem Willen von CDU und CSU, kommt die Überwachungssoftware von Palantir bald in ganz Deutschland zum Einsatz. Sie soll der Polizei ermöglichen, sensible Daten von Bürger*innen zu verknüpfen und auszuwerten. Millionen Menschen könnten so ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten. Ein drastischer Eingriff in die Privatsphäre – für den eigentlich strenge Voraussetzungen und höchste Anforderungen an den Datenschutz erfüllt sein müssen. Das ist bei Palantir nicht der Fall.

Hinter der Software steht der Tech-Milliardär Peter Thiel, einer der wichtigsten Unterstützer Donald Trumps. Thiel ist für seine demokratiefeindlichen Aussagen bekannt. Um das komplexe Programm zu betreuen und zu warten, müssen Palantir-Mitarbeitende direkt in deutschen Polizeibehörden sitzen. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass sensible Daten an US-Geheimdienste abfließen – denn wie die Software genau funktioniert, ist völlig intransparent.

Wir fordern deshalb von der SPD: Lassen Sie nicht zu, dass die Union sich durchsetzt – verhindern Sie überall die Überwachung durch Palantir!

Links:

GFF: Verfassungsbeschwerde gegen systematische polizeiliche Datenanalysen in Bayern

ZDF-Dokumentation: Trump und das Silicon Valley – Staatsstreich der Tech-Milliardäre