Gemeinsame Erklärung: Datenspeicherung ist inakzeptabel
  In einer gemeinsamen Erklärung sprechen sich Datenschützer, Verbraucherschützer und Journalisten gegen die von der Bundesregierung befürwortete "Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten" aus.
	
  
  Die systematische Aufzeichnung und Aufbewahrung von Informationen über die Kommunikation, Bewegungen und Mediennutzung der gesamten Bevölkerung ("Vorratsdatenspeicherung") ohne Einwilligung der Betroffenen ist inakzeptabel. Sie bewirkt keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität, kostet Millionen von Euro, gefährdet die Privatsphäre und die Sicherheit Unschuldiger, beeinträchtigt vertrauliche Kommunikation und ebnet den Weg in eine immer weiter reichende Massenüberwachung der Bevölkerung.
Wir fordern, Vorratsspeicherungspflichten von den deutschen und europäischen Gerichten auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten hin überprüfen zu lassen.
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags fordern wir auf, an ihrer Ablehnung einer verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung festzuhalten und stattdessen weniger eingreifende Alternativen zu prüfen (z. B. das "Quick-freeze"-Verfahren).
Für den Fall, daß der Deutsche Bundestag eine EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung trotz allem umsetzen sollte, fordern wir:
 
- Die maximale Umsetzungsfrist bis Mitte 2007 – für Internetdaten bis   Anfang 2009 – ist auszuschöpfen.
- Bürger dürfen nicht verpflichtet werden, sich vor der Nutzung von     Telefon, Mobiltelefon oder Internet zu identifizieren. Bestehende      Identifizierungspflichten sind aufzuheben.
- Eine Vorratsspeicherung wird nur für die in der Richtlinie        genannten Datentypen und nur für die Dauer von sechs Monaten         eingeführt; danach sind die Daten unverzüglich zu löschen. Zu 	 speichern sind nur Daten, die bei dem jeweiligen Anbieter zur 	  Bereitstellung von Kommunikationsdiensten ohnehin erzeugt oder 	   verarbeitet werden.
- Der Staat hat die zur Datenspeicherung und -vorhaltung 	     verpflichteten Anbieter für die daraus resultierenden Zusatzkosten 	      (Investitionskosten, Vorhaltekosten, Personalkosten) voll zu 	       entschädigen.
- Der staatliche Zugriff auf Informationen über die Kommunikation und 		 die Kommunizierenden ("Verkehrsdaten", "Bestandsdaten") hat den 		  gleichen Voraussetzungen zu unterliegen wie der Zugriff auf die 		   Inhalte der Kommunikation.
- Der Zugriff auf Kommunikationsdaten ist nur zur Verhinderung oder 		     Verfolgung schwerer Straftaten zuzulassen, wenn im Einzelfall der 		      konkrete Verdacht einer solchen Tat besteht. Der Zugriff zwecks 		       Strafverfolgung sollte beschränkt sein auf Fälle organisierter 		        Kriminalität, in denen eine höhere Strafe als vier Jahre 			 Freiheitsstrafe zu erwarten ist.
- Eine Nutzung von Kommunikationsdaten zu anderen Zwecken, 			   beispielsweise durch Nachrichtendienste, durch sonstige Behörden oder 			    durch private Dritte, ist auszuschließen. Den speichernden 			     Diensteanbietern selbst ist die Nutzung der Daten nur insoweit zu 			      gestatten, wie es zur Entgeltermittlung und Entgeltabrechnung 			       erforderlich ist.
- Der Zugriff auf und die Verwertung von Informationen über die 				 Kommunikation von Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern, anderen 				  Berufsgeheimnisträgern sowie Journalisten sind nur in besonderen 				   Ausnahmefällen zuzulassen.
- Zur Datenspeicherung und -vorhaltung sind nur Anbieter öffentlich 				     zugänglicher Kommunikationsdienste und Betreiber öffentlicher 				      Kommunikationsnetze zu verpflichten. Kleine Anbieter, insbesondere im 				       Internetbereich, sind auszunehmen.
- Die positiven und negativen Auswirkungen der 					 Vorratsdatenspeicherung auf die Gesellschaft sind von einer 					  unabhängigen Stelle zu untersuchen. Die Ergebnisse sind zu 					   veröffentlichen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat dem Deutschen 					    Bundestag alle zwei Jahre Bericht über die Erfahrungen mit der 					     praktischen Anwendung der Vorratsdatenspeicherung zu erstatten. Die 					      Berichte sind zu veröffentlichen.
 
Unterzeichner
Chaos Computer Club – Deutsche Vereinigung für Datenschutz e. V. (DVD) – Deutscher Journalisten-Verband e. V. (DJV) – Forum InformatikerInnen für Frieden und 					         gesellschaftliche Verantwortung e. V. (FIfF) – Grüne Jugend Bundesverband – Netzwerk Neue Medien e. V. (NNM) – no abuse in internet e. V. (naiin) – STOP1984 – Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten 						   und unbewegten Datenverkehrs e. V. (FoeBuD) – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv)