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Impfausweise beenden keine Pandemien

2021-05-17 06:30:56, erdgeist

Heute findet im Gesundheitsausschuss des Bundestags eine Anhörung zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes statt. Der CCC ist zur Anhörung geladen und veröffentlicht seine schriftliche Sachverständigenauskunft vorab. Es ist festzustellen, dass digitale Impfnachweise keine Lösung für das vermeintliche Problem der leichten Fälschbarkeit analoger Impfnachweise sind.

Solange nicht alle, die geimpft werden wollen, auch geimpft werden können, sind Impfausweise ein Mittel der gesellschaftlichen Spaltung. Als solche sind sie kein Teil der Lösung, sondern ein Teil des Problems.

Fälschbarkeit ist nicht das eigentliche Problem

Da analoge Impfnachweise leicht gefälscht werden können, wird die Einführung digitaler Impfpässe nicht nur diskutiert, sondern mancherorts auch vorschnell vollzogen.

Das vermeintliche Problem der Fälschbarkeit lösen auch diese digitalen Impfpässe nicht. Nicht zuletzt ist beim kontrollierenden Personal kaum mit entsprechender Kompetenz oder Motivation zu rechnen, um Fälschungen zu identifizieren. Auch einfache Täuschungsszenarien wie die Verwendung des Impfausweises einer anderen Person werden unter Realbedingungen eine hohe Erfolgsaussicht haben.

Erst durch zusätzliche Privilegien Geimpfter gegenüber Nicht-Geimpften in Kombination mit der mangelhaften Verfügbarkeit von Impfmöglichkeiten könnte die einfache Fälschbarkeit von Impfnachweisen zu einem epidemiologischen Problem werden.

Schwachstellen bisheriger Systeme

Die Verifikation von Impfnachweisen über eine Webseite, wie es bei den Impfpässen aus Thüringen oder Altötting möglich ist, ermöglicht Tracking und verhindert Sicherheit.

Die webbasierte Verifikation von QR-Codes kann leicht umgangen werden. In Thüringen konnten Unbefugte außerdem herausfinden, ob eine bestimmte Person geimpft wurde.

„Für einen digitalen Impfnachweis braucht es keine fünf Blockchains und auch keine zentrale Datenbank. Mittels einer Public-Key-Infrastruktur könnte ein dezentrales System mit Offline-Verifikation realisiert werden“, sagte Matthias Marx, Sprecher des Chaos Computer Clubs. „Die Diskussion um die Impfnachweise darf nicht davon ablenken, dass nicht der Impfnachweis, sondern die Impfung zurück in ein normales Leben hilft.“

Mindestanforderungen

In Anlehnung an die Prüfsteine für die Beurteilung von „Contact Tracing“-Apps und ohne Anspruch auf Vollständigkeit nennen wir Mindestanforderungen, denen ein digitaler Impfnachweis entsprechen muss. Auch wenn diese Anforderungen von einem konkreten Impfnachweis erfüllt werden, heißt das nicht, dass dieser Impfnachweis eine gute Idee ist.

Gesellschaftliche Anforderungen

  1. Die Nutzung eines digitalen Impfnachweises muss auf Freiwilligkeit beruhen und diskriminierungsfrei sein.
  2. Das System muss streng zur Bekämpfung der Pandemie zweckgebunden sein, insbesondere darf es keine Datenweitergabe an Polizei oder Geheimdienste geben.
  3. Das System darf nur so lange eingesetzt werden, wie es epidemiologisch Sinn ergibt.
  4. Das System darf durch die Kontrollierenden nicht zum Sammeln von Daten über ihre Kundinnen missbraucht werden: Die Speicherung der Daten kontrollierter Impfausweise muss gesetzlich untersagt werden.

Technische Anforderungen

  1. Es darf grundsätzlich nicht möglich sein, mit digitalen Impfnachweisen Bewegungs- oder Kontaktprofile aufzubauen. Das schließt sämtliche Systeme aus, die eine Online-Verifikation erfordern.
  2. Es darf keine zentrale Entität geben, der ohne Kontrollmöglichkeit vertraut werden muss. Auch zur Verifikation von Impfnachweisen darf nicht mit zentralen Stellen kommuniziert werden müssen.
  3. Ein digitaler Impfnachweis muss datensparsam sein.
  4. Quelltext und Dokumentation müssen öffentlich sein, um Transparenz und Prüfbarkeit zu ermöglichen.

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