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Gutachten für NSA-BND-Untersuchungsausschuss: BND-Operationsgebiet Inland

2016-10-06 23:37:00, 46halbe

Der Bundesnachrichtendienst (BND) kann bei seiner Massenüberwachung nicht sicher zwischen in- und ausländischen Datenverkehren unterscheiden, ohne detailliert Inhalte der Kommunikation zu analysieren. Das belegt ein vom Chaos Computer Club (CCC) im Auftrag des NSA-BND-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages angefertigtes Sachverständigengutachten.

Das Gutachten erläutert die heute typischen technischen Abläufe bei paketvermittelter Datenübertragung, um das Vorgehen der Geheimdienste bei der Internet-Überwachung zu verdeutlichen. Bei der sogenannten strategischen Fernmeldeaufklärung muß der BND die Herkunft überwachter Daten geographisch zuordnen können, um zwischen inländischen und Ausland-Ausland-Telekommunikationsverkehren zu unterscheiden. Dem BND ist das massenhafte inhaltliche Durchforsten deutscher Kommunikationsvorgänge verboten, daher hat er das Anzapfen solcher Verkehre zu vermeiden.

Das Gutachten offenbart eine Zwickmühle, die der Auslandsgeheimdienst BND totzuschweigen bemüht ist: Einerseits darf er inländische Kommunikationsinhalte nicht analysieren, andererseits kann er sie ohne eine tiefgehende Analyse nicht von ausländischen Datenpaketen unterscheiden.

Das Gutachten belegt, daß aufgrund der Struktur heutiger Netze eine sichere Zuordnung der geographischen Herkunft von abgehörten Daten ohne eine detaillierte Inhaltsauswertung nicht möglich ist: Der Weg von Datenpaketen wird ad hoc und dynamisch bestimmt und kann sich auch in kurzen zeitlichen Abständen ändern. Dadurch kann der Lauscher an der Leitung nicht zuverlässig vorhersagen, woher und wohin die an einer Glasfaser abgefangenen Datenpakete tatsächlich transportiert werden. Erst recht läßt sich nicht erkennen, ob die übermittelten Inhalte von deutschen Grundrechtsträgern oder von zum Belauschen freigegebenen Ausländern stammen.

„Wenn man den Geheimdiensten besser auf die Finger schauen und nicht nur Beteuerungen glauben will, hilft das Verständnis der tatsächlichen technischen Vorgänge im Netz“, sagte CCC-Sprecher Frank Rieger. „Niemand sollte sich weiterhin vorgaukeln lassen, der BND oder seine Partnerdienste würden beim Abhören sicher zwischen in- und ausländischen Datenverkehren unterscheiden können, ohne dabei tief in die Inhalte hineinzuschauen.“

Schon Mitte Oktober soll im Rahmen einer „BND-Reform“ die angebliche „Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung“ des Geheimdienstes per Gesetz legitimiert werden. Daß zur gleichen Zeit im NSA-BND-Untersuchungsausschuß (NSAUA) desselben Parlaments weiterhin Fakten zusammengetragen werden, die für eine wirkliche „BND-Reform“ hilfreich wären, darf nicht weiter ignoriert werden. Das Parlament sollte die Erkenntnisse des NSAUA endlich zur Kenntnis nehmen und zumindest dessen Empfehlungen abwarten, bevor eine Gesetzesnovelle die bisherigen, nachweislich illegalen Machenschaften des BND zu geltendem Recht macht.

 

Links:

Gutachten zu Beweisbeschluß SV-13 des NSAUA:

https://www.ccc.de/system/uploads/220/original/beweisbeschluss-nsaua-ccc.pdf